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Veras Zunge in meinem Mund voller Praline

Regie: Hellmut Mario Fulss Vega

Zwölf Jahre nach der Wende. Der verbitterte Sozialist ROBERT LEKROUCHA (68) lebt mit seinem Sohn VLADIMIR (13) zurückgezogen in der ostdeutschen Provinz.

Um die „feindliche Übernahme der DDR durch die Kapitalisten“ und den Gründen für den Zusammenbruch seines privaten und beruflichen Daseins auf die Schliche zu kommen, liest er akkurat jeden Tag drei überregionale Tageszeitungen. Nach einem überraschenden Erbe aus dem verhassten Westen, geht er auf die Arbeits-Annonce einer Frau ein, die ihn an seine frühen Jahre als Jugendlicher erinnert. Doch als Irma Freimars sich bei ihm vorstellt, ist auch das nicht so, wie es sein sollte. Sie hat mir ihrem Alter extrem gelogen, trägt ein Kreuz um den Hals und trinkt eine Menge trockenen, sauren Riesling. Dennoch stellt Robert sie ein – aus einem sozialistischen, brüderlichen Reflex heraus oder weil er vielleicht von ihr mehr erfahren kann als durch die drei täglichen Zeitungen.

 

IRMA FREIMARS (57) hat im Westen alles verloren. Ihre große Liebe, das erbärmlich schlecht laufende Weingut ihres versoffenen Vaters – und ihren Glauben. Mit nichts als einem Haufen Schulden nimmt sie den Job an. Schnell ist Robert von Irmas Skurrilität und ihrem Hang zu ausgiebigen Abendessen genervt. Allein ihre Anwesenheit, ihr Anderssein, stören ihn in seinem Unglück. Er und auch sein verloren wirkender Sohn Vladimir, der schon von seinem eigenen Namen genervt ist, beobachten sie und ihr Wirken ganz genau. Trotz ihres für sie ungewöhnlichen Verhaltens beginnt Irma Wirkung auf sie auszuüben. In Erinnerung an die untergegangenen Zeiten beginnt Robert mit alten Genossen die Gebäude der abgewickelten LPG herzurichten. Als bei einem Traktor-Unfall Roberts bester Freund tödlich verunglückt, verfällt er wieder in seine alte Lethargie und Verbitterung. Irma hat längst neue Freunde und Freundinnen gefunden. Unter der ruhigen Oberfläche des Ortes tummeln sich auch andere abgehängte Seelen. Mit ihrer klaren und unorthodoxen Art beeindrucken sie Irma. Zum ersten Mal in ihrem Leben könnte sie einen Ort gefunden haben, in dem sie bleiben möchte – am Ende der Welt!

In der versoffenen MATHILDE (60), der ehemaligen Buchhalterin der LPG, findet sie eine Freundin, die im Gegensatz zu den meisten Männern im Ort den Durchblick behalten hat. Und auch Robert erwacht wieder aus seiner Trauer und taucht zum ersten Mal in eine Welt jenseits seiner bisherigen Grenzen ein:

In einem von der deutschpolnischen SVETLANA (38) – die nicht so gerne Deutsch spricht und in den ehemaligen Punker Willi (43) verliebt ist, der die einzige Kneipe im Ort führt und ein bisschen wie David Bowie aussieht – und schrägen Polen, Vietnamesen und schwarzen Ostdeutschen betriebenen Nachtclub lässt er sich zum ersten Mal seit seiner Jugend treiben und hat danach den benötigten Rausch, um sich Irma so zu offenbaren, wie er einmal war. Aber die Geister der Vergangenheit lassen sich nicht so einfach abschütteln…

 

IRMA FREIMARS (57) hat im Westen alles verloren. Ihre große Liebe, das erbärmlich schlecht laufende Weingut ihres versoffenen Vaters – und ihren Glauben. Mit nichts als einem Haufen Schulden nimmt sie den Job an. Schnell ist Robert von Irmas Skurrilität und ihrem Hang zu ausgiebigen Abendessen genervt. Allein ihre Anwesenheit, ihr Anderssein, stören ihn in seinem Unglück. Er und auch sein verloren wirkender Sohn Vladimir, der schon von seinem eigenen Namen genervt ist, beobachten sie und ihr Wirken ganz genau. Trotz ihres für sie ungewöhnlichen Verhaltens beginnt Irma Wirkung auf sie auszuüben. In Erinnerung an die untergegangenen Zeiten beginnt Robert mit alten Genossen die Gebäude der abgewickelten LPG herzurichten. Als bei einem Traktor-Unfall Roberts bester Freund tödlich verunglückt, verfällt er wieder in seine alte Lethargie und Verbitterung. Irma hat längst neue Freunde und Freundinnen gefunden. Unter der ruhigen Oberfläche des Ortes tummeln sich auch andere abgehängte Seelen. Mit ihrer klaren und unorthodoxen Art beeindrucken sie Irma. Zum ersten Mal in ihrem Leben könnte sie einen Ort gefunden haben, in dem sie bleiben möchte – am Ende der Welt!

In der versoffenen MATHILDE (60), der ehemaligen Buchhalterin der LPG, findet sie eine Freundin, die im Gegensatz zu den meisten Männern im Ort den Durchblick behalten hat. Und auch Robert erwacht wieder aus seiner Trauer und taucht zum ersten Mal in eine Welt jenseits seiner bisherigen Grenzen ein:

In einem von der deutschpolnischen SVETLANA (38) – die nicht so gerne Deutsch spricht und in den ehemaligen Punker Willi (43) verliebt ist, der die einzige Kneipe im Ort führt und ein bisschen wie David Bowie aussieht – und schrägen Polen, Vietnamesen und schwarzen Ostdeutschen betriebenen Nachtclub lässt er sich zum ersten Mal seit seiner Jugend treiben und hat danach den benötigten Rausch, um sich Irma so zu offenbaren, wie er einmal war. Aber die Geister der Vergangenheit lassen sich nicht so einfach abschütteln…

Cast

Barbara Auer Bild

Barbara Auer

(Dt. Fernsehpreis – beste Darstellerin 2020)

1959 in Konstanz am Bodensee geboren, studierte sie an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Hamburg bis 1981 und spielte dann zunächst einige Jahre am Theater. In ihren Kinofilmen arbeitete sie mit renommierten Regisseuren wie Christian Pätzold und Hermine Huntgeburth zusammen (u.a. „Effi“, „Yella“) und wurde mehrfach ausgezeichnet, zuletzt 2020 mit dem deutschen Fernsehpreis als beste Darstellerin im Fernseh-Dreiteiler “Preis der Freiheit”.

Thomas Thieme Bild

Thomas Thieme

(Babylon Berlin)

1948 im thüringischen Weimar geboren, studierte Thieme an der renommierten Schauspielschule Erst Busch in Ost-Berlin und verließ 1984 durch einen Ausreiseantrag die DDR. Seither wirkte er in unzähligen Theaterstücken, Kino-und Fernsehfilmen, sowie Serien und Hörspielen mit. Zuletzt u.a. in den Serien “Babylon Berlin” und „Parfum”, sowie den Kinofilmen “Wilhelm Tell” und “Max und die Wilde 7”. 2020 wurde er mit dem Askania Award für sein Lebenswerk ausgezeichnet

Connect

Kamran Sardar Khan

Freier Produzent bei East End Film GmbH

Dieses Projekt ist eine Zusammenarbeit von East End Film mit dem freien Produzenten Kamran Sardar Khan.

Khan arbeitet nach seiner ersten Karriere als Architekt seit 2001 im Filmgeschäft. Er gründete zunächst zusammen mit Stefan Paul den Filmverleih Academy Films und 2009 mit Thomas Reisser Camino Film. Khan brachte über 100 Filme in die Kinos und hat sich als Botschafter des Kinos, Entdecker neuer Talente und ein großer Unterstützer lokaler Filmtalente entwickelt. Khans Schwerpunkt liegt auf der Suche nach inspirierendem, intelligentem, charaktergesteuertem und humanistischem Material.

Das ist Kino. Für mich.

Emotional Strukturen aufzeigen.

Menschen, die ihre eigenen Grenzen 

überschreiten.

Sich öffnen. Dann entsteht Poesie.

Die Wahrheit ist skurril.

– Helmut Mario Fulss Vega –

Autor und Regisseur

Hellmut Mario Fulss Vega ist in Santiago de Chile geboren und hat die ersten Lebensjahre dort verbracht. Anfang der Achtziger Jahre ist er mit seinen Eltern und Geschwistern nach Deutschland eingewandert und hat hier sein Abitur gemacht. Anschließend hat er in Gießen “Angewandte Theaterwissenschaften” studiert und sein Diplom mit einer Arbeit über das Theater Robert Wilsons und Heiner Müllers erworben.

In Chile als Jugendlicher mit der Pinochet-Diktatur konfrontiert und in Deutschland mit einem geteilten Land in Ost und West, hat er sich in beiden Heimatländern mit dem Konflikt zwischen einer sozialistischen Utopie und einem real existierendem Kapitalismus auseinandergesetzt.

Mit seinen Verwandten in Dresden und Ost-Berlin immer im engen Austausch und oft dort zu Besuch, hat er Erfahrungen in beiden deutschen Staaten gesammelt und sich schon vor der Wende als Gesamtdeutscher empfunden. Dabei hat ihn das Thema Kapitalismus/Sozialismus bis heute nicht losgelassen.

Director's Statement

„IRMA ist in der westdeutschen Provinz aufgewachsen. Von ihren mit sich selbst beschäftigten Eltern vernachlässigt, ist sie in die Welt der katholischen Kirche geflüchtet. Ihre einzige große Liebe war ein katholischer Pfarrer, der sich aufgehängt hat. Ihr Versuch, als Nonne in einem Kloster ihren Einklang mit der Welt zu finden, ist krachend gescheitert. Vom Katholizismus ist ihr am Ende nur die Bewunderung für Hildegard von Bingen geblieben, eine frühe Ikone der Frauenbewegung aus dem 11. Jahrhundert. Sie ist ihre einzige „Freundin“.

ROBERT ist in der ostdeutschen Provinz aufgewachsen. Als Heranwachsender hat er seine einzige große Liebe Vera verloren, als die mit ihren Eltern kurz vor dem Mauerbau in den Westen abgehauen ist. Enttäuscht und verbittert ist auch er geflüchtet – in die Freie Deutsche Jugend und in die Partei. Robert hat ein Leben lang versucht, das Gute und Richtige in der DDR zu finden und zu leben. Er war ein guter LPG-Leiter, ein „verdientes Mitglied“ der sozialistischen Gesellschaft. Nach dem Untergang der DDR ist sein Leben zusammengebrochen. Im letzten Drittel ihres Lebens begegnen sich Irma und Robert im wiedervereinigten Deutschland. Zwei Gescheiterte, könnte man sagen.

Als Regisseur möchte ich eine emotionale und ungewöhnliche Liebesgeschichte in einem Ort erzählen, für den sich sonst niemand interessiert – über Menschen, für die sich bisher keiner interessiert. Eine Geschichte nicht nur über eine Frau und einen Mann, sondern auch über zwei Frauen, die sich nahekommen, als wären sie füreinander bestimmt. Irma findet in MATHILDE, der ehemaligen Buchhalterin der LPG, eine Freundin und Gefährtin. Aufgewachsen in den unterschiedlichen Systemen von BRD und DDR, haben beide Frauen ähnliche Schlussfolgerungen gezogen. Weniger verbittert als die Männer, erfahren wir durch ihre Gespräche Wahrheiten, die ansonsten im Verborgenen bleiben würden. Sie sind etwas älter, aber ihre Klugheit, ihre Solidarität und ihre Zuneigung, weisen in eine jüngere Zukunft!
Die Zeit der Nullerjahre war geprägt von Gewalt gegenüber Minderheiten, die es schon während der DDR gab, aber immer marginalisiert wurden, als ob sie nicht wirklich dazugehörten. Und erst recht nicht mehr nach dem Ende der DDR. Im Nachtclub, ein paar Kilometer weit-er, haben sie sich zusammengefunden. SVETLANA, halb polnisch, halb deutsch, hat hier ein Ensemble aus vietnamesischen Klavierspielern, schwarzen Ostdeutschen und polnischen LGBTQ+ geschaffen. Eine Kommune der „Anderen“. WILLI, ehemaliger DDR-Punker und einziger Wirt im Ort, fühlt sich hier wohl. Durch ihn kommt auch Robert in diese andere Sphäre – und erlebt eine Welt, die ihn ermutigt, sich selbst wiederzufinden. 

Auch wiederzufinden zu seinem Sohn, der vereinsamt vor sich hinlebt. VLADIMIR aus dem Jahr 2001 könnte mit seinen eher trüben Aussichten heute ein Wähler der AFD sein. Er könnte dem Druck von Neonazi-Gruppen aus Ost und West erlegen sein. In diesem Film wird es für ihn am Ende einen anderen Weg geben. Zum Glück hat er die alten Tagebücher seines Vaters aus den DDR- Gründungsjahren. Aber so viel Glück hat nicht jeder…

In Chile geboren und aufgewachsen, mit meinen zwei Heimatländern Chile und Deutschland, die beide von einer ähnlichen gesellschaftlichen Auseinandersetzung zwischen links und rechts geprägt waren, habe ich mich seit der Flucht unserer Familie vor der chilenischen Militär-Diktatur unter Augusto Pinochet mit dem Thema der ideologischen Teilung in diesen beiden Ländern beschäftigt.

Für VERAS ZUNGE IN MEINEM MUND VOLLER PRALINE habe
ich viele Gespräche mit Zeitzeugen und auch lange Unterhaltungen mit meiner eigenen Familie in Dresden und Berlin geführt. Mit Barbara Auer als Chronistin der späteren Nachkriegszeit in der BRD und Thomas Thieme und Katrin Sass als Zeitzeugen der Geschehnisse in der DDR, habe ich herausragende Schauspieler, die mich mit ihrer Expertise unterstützen. Ich möchte einen Film machen, in dem sich Menschen so benehmen, als wären sie Jugendliche, die das Gefühl der Liebe zum ersten Mal erleben. Unsicher, ratlos, ungelenk, komisch.

Mein filmischer Erzählstil ist beeinflusst von Pedro Almodóvar (Volver), Aki Kaurismäki (Fallen Leaves), Wolfgang Becker (Good By Lenin), Federico Fellini (I Vitelloni), Hermine Huntgeburth (Lindenberg! Mach dein Ding), Konrad Wolf (Solo Sunny), Jiří Menzel (Scharf beobachtete Züge), Miloš Forman (One Flew Over the Cuckoo‘ s Nest & Der Feuerwehrball) und Sofia Coppola (Lost in Translation).
Alle Menschen müssen in unseren Erzählungen sichtbar sein. Dafür stehen Barbara Auer, Thomas Thieme, Katrin Sass, Jens Harzer, Aleksandra Szwed, Antonia Fulss und Julia Jentsch! Dafür stehen auch meine Produzenten Kamran Sardar Khan, Elaine Niessner und Tommy Niessner von EAST END FILM – mit ihrem Anspruch, gesellschaftlich Relevantes aufzuspüren und emotional zu erzählen. Eine große Bereicherung für mich!“

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